Waldorfschulabschluss

Der Waldorfschulabschluss steht am Ende der 12. Klasse, zieht sich aber als ein Prozess durch die gesamte Oberstufe hindurch und umfasst neben einer abschließenden Bewertung der gesamten schulischen Leistungen und der Praktika, eine Jahresarbeit, das Klassenspiel, den Eurythmieabschluss und die Kunstreise. Diese dem Waldorfschul- abschluss in der 12. Klasse zu Grunde liegenden Hausarbeiten, Projekte und Prüfungen werden nachfolgend im Einzelnen erklärt.
Obwohl der Waldorfschulabschluss kein regulärer staatlicher Schulabschluss ist, hat er eine große Aussagekraft hinsichtlich der sozialen Kompetenzen (Teamfähigkeit, Selbstständigkeit, Durchhaltevermögen, Kreativität usw.). Gerade in der heutigen Zeit, in der es immer weniger auf reines Faktenwissen ankommt, ist dieses Textzeugnis aussagekräftiger als das übliche Notenzeugnis und wird von künftigen Arbeitgebern oder weiterführenden Bildungseinrichtungen geschätzt. Parallel dazu werden auch die zentralen staatlichen Abschlüsse vorbereitet und in Zusammenarbeit mit staatlichen Partnerschulen abgenommen.

Die Jahresarbeit, die jeder Waldorfschüler zum Ende seiner Schulzeit von der Mitte der 11. bis zur Mitte der 12. Klasse erstellt, ist ein Bestandteil des Waldorfschulabschlusses. Jeder Schüler wählt sich ein Thema, das mit der Unterstützung eines Mentors eigenständig in Theorie und Praxis bearbeitet wird. Die Ergebnisse werden in einem öffentlichen Vortrag vorgestellt. Die Vielfalt der Arbeitsthemen ist dabei fast unbegrenzt. Der Schüler weist mit einer erfolgreich beendeten Jahresarbeit nach, dass er über einen längeren Zeitraum seine Forschungen und Arbeiten selbstständig strukturieren kann, dass er sie in Schriftform erläutern und einem Publikum präsentieren kann. Dabei spielt die Selbstreflexion eine wichtige Rolle.

Im Rahmen des Waldorfschulabschlusses erarbeitet jede zwölfte Klasse ein Theaterstück, in dem jeder Schüler eine Rolle übernimmt und das Stück in zwei verschiedenen Besetzungen einstudiert wird. Nicht nur das Schauspiel, sondern auch der Entstehungsprozess wird maßgeblich von den Schülern – unter Anleitung erfahrener Theaterpädagogen – entwickelt. Dazu gehören auch die Bereiche Bühnenausstattung, Requisite, Technik u.s.w.

Dabei bleibt die Arbeit an der eigenen Rolle zentrales Anliegen. Überschau ist notwendig: Wie sich eine Rolle oder Figur im Stück verhält, aus welchen Motiven sie handelt,  welche Verwandlungen sie durchmacht, wie sie sich anderen Figuren gegenüber verhält, Verwandlungsfähigkeit ist gefordert.

In der Verkörperung einer Rolle wird indirekt die Fähigkeit geübt, den eigenen Standpunkt aufzugeben und sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, Seiten von sich zu erkunden, die das private Verhalten erweitern. Einem Rollentext gegenüber geht es darum, die dem Satz zugrunde liegende Empfindung so zu erleben, dass daraus eine entsprechende Geste, sprachlich oder körperlich, entsteht. Das Vermögen wächst, sich immer mehr frei zu spielen. Eine vollständige Durchdringung von Denken, Sprechen und Sich-Bewegen ist das Ziel und führt zur Wahrhaftigkeit im schauspielerischen Ausdruck, lässt den Zuschauer das Stück tiefer verstehen.

Der soziale Prozess, den eine Klasse durchläuft, vom Finden eines Stückes, der Rollenverteilung, den Proben, den Arbeiten, die rund um das Stück herum zu bewältigen sind, ist von unschätzbarem Wert.

Eurythmie ist eine Bewegungskunst. Sie wurde von Rudolf Steiner auf den Grundlagen der Anthroposophie entwickelt. In der Eurythmie wird Sprache und Musik ins Sichtbare gebracht.      
In den ersten acht Schuljahren ging es darum, die Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten der Eurythmie kennenzulernen und zu erüben. In der Oberstufe ist es dann die Aufgabe, diese eurythmischen Elemente bewusst zu erfassen und aus diesem Erkennen heraus selbständig zu einer eurythmischen Gestaltung zu kommen. Hierfür gilt es zu erarbeiten, welche Gesetzmäßigkeiten der Musik und Sprache zugrunde liegen. Welche Klangräume entstehen in der Musik, wie ist die Tonart, welchen Charakter hat das Stück, wie ist der Melodieverlauf? Welcher Rhythmus lässt sich in der Sprache und den Gedichten finden, was vermitteln die unterschiedlichen Rhythmen dem Zuhörer, wie ist der Sprachfluss, hat der Text eine eher konsonantische oder vokalische Sprachfärbung? Für all diese Dinge muss ein Bewusstsein entwickelt werden, ein grundlegendes Verständnis, um dem Sinn von Sprache und Musik näher zu kommen. Nur dann kann Sprache und Musik sichtbar gemacht werden.           
Darüber hinaus gilt es in der Oberstufe eine Wahrnehmungsfähigkeit für die eigene Bewegung in der gesamten Gruppe zu entwickeln. Denn es genügt nicht, dass jeder sich in seinem eigenen Raum bewegt, sondern das Ziel ist es, dass jeder sich mit seinen ganz individuellen Bewegungen in einen gemeinsamen Bewegungsstrom einfügt.           
Das setzt voraus, dass die Schüler ihre eigene Bewegung erfühlen, und auch die gesamte Gruppenbewegung erfassen können, um diese wiederum in einem bewusst ergriffenen Raum sichtbar werden zu lassen. Diese eurythmische Arbeit wird in der 12. Klasse mit einem künstlerisch gestalteten Bühnenprogramm beendet – dem Eurythmie-Abschluss.

Die Kunstreise der 12. Klasse (oft nach Norditalien) ist zugleich Höhepunkt und Abschluss des Kunstunterrichts, aber auch Teil des Waldorfschulabschlusses. Das macht deutlich, dass es dabei um weit mehr geht als um eine Klassenfahrt mit künstlerischem Beiprogramm. So wird die Kunstfahrt von den Schülern durch die Erarbeitung von Referaten sorgfältig vorbereitet. Die Fahrt selber gilt dann dem intensiven Nacherleben des im bisherigen Kunstunterricht Gelernten und Verinnerlichten. Insbesondere in Norditalien kann dabei an vielfältigen Werken Kunstgeschichte direkt erlebt werden. Ergänzend werden eigene Studien zu Architektur, Skulptur und Malerei erarbeitet. Die Kunstreise ist somit eine höchst arbeitsintensive Studienfahrt.

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